Fotoseite
Was für ein Glück, dass ich damals – mit 15 Jahren – in einer Schublade die alte Kodak Retina (war 1a in Schuss) mit dem Schneider-Kreuznach Xenar 50mm/f3.5 entdeckt habe. Von Fotografie hatte ich selbstverständlich keine Ahnung, ebenso wenig mein Vater – also musste ich mich selbst in die Materie einarbeiten. Ein Belichtungsmesser lag glücklicherweise auch dabei – wusste anfangs natürlich nicht, was das ist und was man damit machen kann.
Motivseitig konzentrierte ich mich, wie schon immer, auf Landschaft, Experimente, Menschen, Street, Makro (sogar mit Balgen) und Body/Akt. In diesem Kosmos habe ich mich stets bemüht, ein Thema auszureizen und mich dann auf andere Umsetzungen zu konzentrieren. Inspirieren lasse ich mich damals wie heute von der Natur, aber auch von anderen Fotografen. Fotomagazine habe ich damals regelrecht verschlungen. S/W-Filme und -Bilder habe ich selbst im kleinen Kämmerchen entwickelt – auch dort wurde mit Temperaturen und Chemie ordentlich experimentiert. Farbbilder gabs auf Dia. Meine Leidenschaft für die Fotografie konnte ich bei meinem Beruf als Journalist/Redakteur täglich und reichlich ausleben, was mir weiteres theoretisches wie auch praktisches Rüstzeug lieferte.
Hobby- oder Amateurfotografen werden von den Profis oft und gerne belächelt und als „Knipser“ abgekanzelt. Ich denke, man tut ihnen damit unrecht. Man kann über deren Ergebnisse ja diskutieren, das soll man auch. Auch wenn ein Bild „nicht so gut“ ist – mit Profi-Augen gesehen – so ist es dennoch mit Leidenschaft entstanden. Unter diesem Gesichtspunkt ist dann auch dieses Bild gut und hat seine Berechtigung.
Beim örtlichen Fotohändler ließ ich mich in die Basics der Fotografie einweisen – und der erste richtige Fototrip, das weiß ich noch, führte mich in die Dornbirner Rappenlochschlucht. Die Bildergebnisse: Alle unscharf oder verwackelt … so gesehen hatten sie zumindest einen besonderen Look. Aber immerhin wusste ich danach mehr als vorher. Auch wusste ich, eine andere Kamera muss her, denn die Leidenschaft war geweckt. Auf technischer Seite führte diese von Yashica FR, die ich mir vom Schmerzensgeld eines Unfalls finanzierte, und über Minolta (eine der schönsten Kameras, die je gebaut wurde: die XD-7) zu Pentax mit Super-A, LX und ME-Super – alle drei wunderschöne Kameras, darauf kam es mir auch immer an. In diesem System wurde dann erstmals auch der Objektivpark ordentlich ausgebaut – vom Fischauge bis zum 1000er Spiegeltele.
Die analoge Zeit war eine großartige Zeit. Aber: Einen weiteren kräftigen Kreativitäts-Schub lieferte dann natürlich die Digitalfotografie – bei mir ab 1997. Erste Kamera: Olympus Camedia mit 3,5MP. Grottenschlechte Qualität, wenn ich mir die Bilder heute anschaue, dennoch war man von der Technik und den Möglichkeiten begeistert. Dazu noch Photoshop: Fantastisch! Die erste Spiegelreflex: Canon D30 – die war schon besser. Dann Nikon D80 und D90, dann Sony A77. Vor 5 Jahren bin ich dann bei Fuji gelandet – dort werde ich auch bleiben. Meine Ambitionen sind heute dieselben wie vor 45 Jahren: Ein Thema suchen, dieses herausarbeiten und ausreiten – dann ist es erledigt und die Suche beginnt von neuem. Alles, was heute fotografiert wird (außer in der Reportage Fotografie vielleicht), wurde von anderen bereits tausend- und millionenfach abgelichtet. Die Kunst besteht darin, dennoch etwas Neues zu schaffen – durch einen anderen Blickwinkel, durch eine andere Technik, durch eine andere Entwicklung. Das gelingt nicht immer, aber man kann sich annähern. Mein Motto für die Fotografie hat Davit Burnett am treffendsten formuliert: „Zufriedenheit entsteht, wenn du neben 500 anderen Fotografen arbeitest und trotzdem etwas anderes vorweisen kannst.“ Dieser Anspruch ist für mich heute lebendiger denn je.
Walter de Meijer